Standpunkt: Sackgasse LNG – Ausweg GTL?

Standpunkt: Sackgasse LNG – Ausweg GTL?

Die 2. ShortSeaShipping Days am 22. und 23. Juni in Lübeck brachten es an den Tag: In Deutschland wird viel über alternative Schiffsantriebe mit LNG und den Aufbau einer LNG Infrastruktur geredet, aber wenig oder nichts dafür getan! Der Auftritt des maritimen Koordinators der Bundesregierung, Staatssekretär Uwe Beckmeyer aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, zeigte deutlich, dass es der Bundesregierung an einer Strategie zur Nutzung dieser umweltfreundlichen Energiequelle mangelt und Förderprogramme, wie man sie aus anderen maritimen Nationen kennt, in weiter Ferne sind.

Letztlich sei es Sache der maritimen Wirtschaft und der energieerzeugenden Unternehmen, die wirtschaftlichen und technischen Risiken des Einsatzes von LNG abzuschätzen und durch Investitionen in Schiffstechnik und eine Versorgungsinfrastruktur für dessen Anwendung zu sorgen. Beckmeyer schilderte mit besorgter Miene die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der deutschen Seeschifffahrt, insbesondere der Küstenschifffahrt und der sie finanzierenden Banken.

Fehlende Standards als Hürde

Die von Beckmeyer in Aussicht gestellten Hilfsmaßnahmen für die mit Existenznöten kämpfende Branche waren dann eher mager und blieben vage: Man müsse erst mal einheitliche Standards für die Anwendung von LNG in Europa schaffen. Als Impuls für den Aufbau eines LNG-Netzwerkes könne der Bund eigene Schiffe auf LNG umrüsten. Zur Erreichung der international vereinbarten Klimaschutzziele müssten bis 2050 mindestens 30 Prozent der Landtransporte auf den Wasserweg verlegt werden, forderte Beckmeyer. „Hier kann der Kurzstreckenseeverkehr erneut seine Vorreiterrolle unter Beweis stellen, gerade wenn es um die Entwicklung neuer Technologie geht.“

Ein entsprechendes Förderprogramm des Bundes für saubere Antriebe an Bord sei grundsätzlich technologieoffen. Die Durchsetzung des Gasantriebes als Schiffsmotor der Zukunft bedürfe allerdings einer zielgerichteten Förderung, um den Einsatz im industriellen Maßstab zu ermöglichen. Dafür fehle allerdings sowohl im Schifffahrtsgewerbe als auch auf staatlicher Seite das Geld. „Kernelement unserer Strategie zur Förderung von LNG ist daher, dass wir auf Investitionen Dritter setzen“, so Beckmeyer.

Wettbewerbsnachteil Betriebskosten

„Eines unserer Schiffe mit LNG nachzurüsten kostet 30 Millionen Dollar“, sagte Hanns Heinrich Conzen, Geschäftsführer der TT-Line, eines der großen Fährunternehmen in der Ostsee. Die Lübecker Reederei Lehmann plante zum 90. Firmenjubiläum einen Neubau, für den ein LNG Antrieb diskutiert wurde, aber nicht eingebaut wird. Als massive Wettbewerbsbeschränkung beklagten die in der Nord- und Ostsee tätigen ShortSea-Reedereien die seit dem 1. Januar 2015 wirksame Verschärfung der Schwefelgrenzwerte in den SECA-Zonen, während im Mittelmeer weiter mit billigem schwefelhaltigen Schweröl gefahren werden könne.

Die technische Umrüstung der Flotten für den Betrieb mit Marinediesel oder Scrubber zur Reinigung von Schwerölabgasen bringe zusätzliche Betriebskosten, während der Lkw durch sinkende Dieselpreise entlastet werde. Dies führt zum Risiko der Rückverlagerung von Gütertransporten von Wasser- auf Landverkehrsträger. So kann man die Klimaschutzziele jedenfalls nicht erreichen.

LNG als Erdgas-Ergänzung

Der Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports, Frank Schnabel, hält den Bau eines deutschen LNG-Importterminals für einen wichtigen ersten Schritt. Damit könne der regionalen Industrie eine höhere Versorgungssicherheit garantiert und die Abhängigkeit Deutschlands von Erdgasimporten aus Russland verringert werden, da LNG auch für die Einspeisung in das Erdgasnetz verfügbar sei. Als Nebeneffekt werde auch der Preis für LNG-Kraftstoffe deutlich sinken, da mit einem eigenen Import-Terminal auch der Wettbewerb zwischen weltweit konkurrierenden LNG-Produzenten für deutsche Verbraucher nutzbar werde.

Die volkswirtschaftlichen Argumente Schnabels sind nachvollziehbar, das Argument zur Versorgungssicherheit ist richtig. Nur ohne einen Finanzbeitrag aus dem Bundeshaushalt lässt sich ein Importterminal nicht realisieren, denn es wird im Wettbewerb zu anderen Energieträgern zumindest für einige Jahre nicht wirtschaftlich zu betreiben sein. Das weiß auch Uwe Beckmeyer, der auf eine Überkapazität von 40 Prozent bei bereits in anderen EU-Ländern bestehenden Importterminals verwies.

Schwindender Preisvorteil

Die Gründe, warum man Erdgas durch Kühlung auf minus 165 Grad verflüssigt, liegen im Seetransport zwischen den Förderstellen und Verbrauchsorten, denn nur in diesem Aggregatzustand lässt sich Erdgas wirtschaftlich über lange Distanzen zu Seehafenterminals in den Importländern transportieren. Ursprünglich war nie geplant, LNG auch in das Hinterland zu transportieren, sondern man wollte die vorhandene Infrastruktur von Gaspipelines und das bestehende Netz von CNG Tankstellen (compressed natural gas) und CNG-Lagerbehältern für die Haushaltsversorgung nutzen.

Wegen des Preisvorteils zu Dieselkraftstoff, der bis vor zwei Jahren 30 Prozent ausmachte, kam jedoch eine interessierte Industrie auf den Gedanken, Lager- und Verflüssigungsanlagen für kleinere See- und Binnenschiffe zu entwickeln, deren höhere Investitions- und Betriebskosten sich aus ersparten Kraftstoffkosten in überschaubarer Zeit selbst finanzieren sollten. Seit nunmehr zwei Jahren ist dieser Preisvorteil verschwunden und LNG ist vor allem im Winter, bei hoher Nachfrage nach Heizgas etwa in Japan, deutlich teurer als Dieselkraftstoff.

Praxisgerechte Alternative

Damit erweist sich die LNG-Hype für Schiffsantriebe auch langfristig als Sackgasse, denn ohne staatliche Subventionen für Investition und Betrieb von Schiffen und Infrastruktur lässt sich LNG nicht wirtschaftlich verwenden. Die Erdgasförderer haben dies längst erkannt und mit GTL (gas to liquid) selbst einen alternativen Kraftstoff auf den Markt gebracht, der in herkömmlichen Dieselmotoren verbrannt werden kann, aber die gleichen Abgaswerte wie LNG produziert. GTL hat eine vergleichbare Energiedichte wie Diesel, lässt sich mit diesem mischen und kann im vorhandenen Bunkernetzwerk gehandelt werden.

GTL ist beim jetzigen Preisniveau etwas teurer als herkömmlicher Dieselkraftstoff, aber dafür deutlich umweltfreundlicher. Unter Berücksichtigung ersparter Umrüstkosten für LNG an Bord von Schiffen ist GTL deutlich wirtschaftlicher. Mittlerweile gibt es in Katar die erste GTL-Raffinerie, die diesen Kraftstoff in größeren Mengen herstellt, weitere Raffinerien sind geplant. GTL kann sinnlose Subventionen in LNG-Technik an Bord und an Land überflüssig machen. Statt einer LNG- brauchen wir eine GTL-Strategie!

Dieser Artikel erschien zuerst als Editorial der Ausgabe 6/2016 des Magazins Schiffahrt Hafen Bahn und Technik.

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