Tschechische Reeder: Ausbauen oder Auswandern

Tschechische Reeder: Ausbauen oder Auswandern

Sollte die Elbe-Staustufe bei Decin nicht bald gebaut werden, wollen die tschechischen Reeder ihr Geschäft auf Westeuropa konzentrieren. Laut Medienberichten nannte CSPL-Generaldirektor Milan Raba Anfang August sogar Zahlen, die für einen Rückzug der Schifffahrt jenseits des Elbsandsteingebirges sprechen. Eine sehr unglückliche Formulierung, stellt SBO-Hafenchef Detlef Bütow fest.

Wie bei nahezu allen Flussbauprojekten streiten Befürworter und Gegner seit Jahren um Sinn und Unsinn der geplanten Elbe-Staustufe bei Decin. Anfang August hat Raba, Generaldirektor der größten Reederei des Landes und Vorsitzender der Tschechischen Binnenschifffahrtsunion (AVP), seiner Regierung eine Frist gesetzt: Bis Ende des Jahres solle man entscheiden, den Ausbau an der Elbe voranzutreiben, oder die tschechische Güterflotte bei der Migration nach Westeuropa zu unterstützen.

So berichteten es die Sächsische Zeitung und das Wirtschaftsportal „Financni Noviny“ in Bezug auf einen Artikel des tschechischen Wirtschaftsmagazins Euro vom 1. August. Demnach folgte Raba einer harte Argumentationslinie: Prag müsse lediglich rund 25 Millionen Euro Anschubfinanzierung für die technische Erneuerung der Schiffe bewilligen, um sie für den westeuropäischen Markt fit zu machen. Dann könnte die Flotte aus Tschechien abgezogen, das Bauprojekt auf Eis gelegt und die Direktion für Wasserbau (RVC) abgeschafft werden. Auch die von der Binnenschifffahrt geforderte Niedrigwasser-Entschädigung von jährlich etwa 2,2 Millionen Euro müsse nie gezahlt werden. Dem Staatshaushalt blieben in den kommenden Jahren Ausgaben in Höhe von umgerechnet 625 Millionen Euro erspart.

Position nimmt Schaden

Was in den Presseberichten auf die wirtschaftliche Legitimation eines Rückzugs hindeutet, war laut Detlef Bütow, der als Geschäftsführer der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe mit dem tschechischen Reederverband in engem Kontakt steht, ganz anders geplant. „Der AVP wollte in erster Linie Druck auf die Regierung ausüben, endlich eine Entscheidung zu treffen“, erläutert der Chef der länderübergreifenden Hafengruppe. „Die Argumentation ist sehr unglücklich angekommen.“

Das verdeutlichen die Reaktionen der Elbeausbau-Gegner in Deutschland. Sie lobten die Worte Rabas als wirtschaftlich und ökologisch vernünftigen Vorschlag. „Die tschechischen Binnenschiffer wissen sehr genau, dass der Bau der Staustufe Decin für sie kaum einen Nutzen hätte“, kommentierte Iris Brunar, Elbe-Koordinatorin des BUND. „Durch das Bauprojekt würden die Niedrigwasserprobleme auf deutscher Seite nicht behoben werden. Hamburg bliebe weiterhin von Tschechien aus auf dem Wasserweg nicht zuverlässig erreichbar.“

Nun steht die tschechische Binnenschifffahrt in Erklärungsnot, zumindest in der deutschen Öffentlichkeit. Die Branche in beiden Elbanrainerstaaten setzt darauf, dass die tschechische Industrie den Verlust des Verkehrsträgers nicht ohne weiteres hinnehmen und sich in die Diskussion einschalten wird. Gleiches gilt für die Tourismusbranche mit ihrem wachsenden Potenzial für Flusskreuzfahrten auf Elbe und Moldau.

Hilferuf in schwieriger Lage

Das reichhaltig ausgemalte „Worst-Case“-Szenario zielt darüber hinaus auf einen weiteren Aspekt ab, erinnert Bütow: Seit Jahren fordern die tschechischen Binnenschiffer eine Entschädigung für Niedrigwasser-Perioden. Während die EU bereits grünes Licht signalisiert hat, konnte sich die Regierung in Prag wegen der Haushaltslage bisher nicht zu einer Entscheidung durchdringen. Ohne zumindest eine klare Stellungnahme pro Staustufe oder pro Niedrigwasser-Entschädigung seitens der Staatsoberhäupter lässt sich nachvollziehen, warum die tschechischen Schifffahrtsvertreter zu solch drastischen Vergleichen greifen.

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