Standpunkt Schleusen-Streik: Zeit zu Handeln

Standpunkt Schleusen-Streik: Zeit zu Handeln

Der angelaufene Streik des Schleusenpersonals trifft mit Partikulieren, Hafenbetrieben und verlagerungswilligen Verladern eindeutig die Falschen. Darin sind sich Branchenverbände wie BÖB und BDB sowie Branchenkenner einig. Doch anstatt Solidarität mit den WSV-Beschäftigten zu zeigen oder in Selbstmitleid zu versinken, sollten sich die Betroffenen in kreativen Protestmethoden üben, um auf die eigene Lage hinzuweisen.

An Deutschlands Traditionsschiffen hängt Herzblut. Das hat Staatssekretär Enak Ferlemann jüngst festgestellt. Die betreffende Pressemitteilung des Verkehrsministeriums trägt den Titel „Zukunft der Traditionsschifffahrt gesichert“. Ob die Gästefahrten mit historischen Wasserfahrzeugen nun sicherer sind als die Rente, darf bezweifelt werden: Zugesagt wurde erst einmal ein zweijähriger Bestandsschutz und eine Überarbeitung der Vorschriften.

Herzblut und Existenzen

Immerhin: Die „Rettung“ von 25 Schiffen in zwei Jahren war dem Ministerium einen Eingriff in die Zulassungspraxis der BG Verkehr und eine Pressemitteilung wert. Das haben Traditionsschiffer und Museumshäfen mit Transparenten, Trauerbeflaggung, Online-Petition und Politikergesprächen erreicht.

Wäre doch gelacht, wenn die rund 7.000 Beschäftigten der deutschen Binnenschifffahrt zuzüglich betroffener Hafenarbeiter und ausländischer Schifferkollegen nicht zumindest die Tarifparteien an den Verhandlungstisch bewegen könnten. Denn an Güter- und Tankmotorschiffen hängt nicht nur Herzblut – an ihnen hängen in erster Linie Existenzen.

Gehör verschaffen

Öffentlichkeitswirksame Protestformen gibt es etliche. NGO-Aktivisten stellen das Bienensterben vor der Aktionärsversammlung eines Chemiekonzerns dar oder fluten den Empfangsbereich einer Automobilbauer-Konferenz mit schwarzen Luftballons. Gerhard Schröder wird wohl als erstes Ziel der „Aktion letztes Hemd“ in die Geschichte eingehen.

Was hindert den zwischen zwei bestreikten Schleusen festsitzenden Schiffer, sich mit Nachen oder Rettungsring frei nach dem Motto „Lasst uns nicht auf dem Trockenen sitzen!“ vor Verkehrsministerium, Bundes- oder Landtag zu postieren; eine Flaschenpost mit den Umsatzerwartungen der nächsten Wochen und Monate an den Verkehrsminister zu schicken oder ein streiktägliches, bundesweites 10-Uhr-Typhonkonzert zu initialisieren? Vielleicht ist es sogar möglich, rechtliche Schritte gegen die augenscheinlich verhängte Blockade von Betrieben einzuleiten, die in anderen Streikfällen schon als unverhältnismäßig und rechtswidrig bewertet wurde.

Zum Abwarten verdammt?

Über Foren, Fachportale und Facebook sind in Minutenschnelle Aktionen abgesprochen und Mitstreiter gefunden. Wenn sich unzufriedene Gruppen selbst im Angesicht repressiver Staatsgewalt überall auf der Welt mit diesem Werkzeugkasten organisieren und Gehör verschaffen können, muss das auch einer hochgradig zersplitterten Branche gelingen. Zumal der einzelne hierzulande nicht einmal Konsequenzen befürchten muss, sofern alles im rechtlichen Rahmen bleibt. Es braucht nur einen Anfang, damit auch die traditionsreiche Schifffahrt auf den Binnengewässern eine Zukunft hat.

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