Der sichere Liegeplatz für die vorgeschriebene Ruhezeit, ein trittsicherer Landgang, der Autosteiger für den Schichtwechsel: Regelmäßig beklagen Binnenschiffer fehlende oder schlechte Infrastruktur entlang der deutschen Rheinstrecke. Wer Gefahrgut transportiert und die blauen Kegelzeichen an Bug und Heck führt, muss zudem Sicherheitsradien zur Wohnbebauung einhalten. Damit wird die Auswahl noch einmal kleiner. Die neue Kombi-Plattform im Hafen Köln-Mülheim schafft wenig Abhilfe.
Mitte Juni hatte Bonapart beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Köln nachgefragt, wann der augenscheinlich fertige Autosteiger in der Hafeneinfahrt in Betrieb gehen soll. Jenseits der Auskunft über den zeitlichen Planungshorizont warf die Antwort des WSA zahlreiche weitere Fragen zur Benutzbarkeit der Anlage auf: Soll mit dem Bug Richtung Hafeneinfahrt – also zu Tal – festgemacht werden, fehle ein Dalben, um das Schiff vorn festzumachen. Außerdem würde die Hafeneinfahrt für die Dauer eines Absetzvorgangs blockiert. Der könne bei einem Schichtwechsel mit Absetzen sowie Aufnehmen je eines PKW rund eine halbe Stunde dauern.
„Der Steiger ist ein Witz!“
Den Steiger andersherum anzufahren, sei kaum möglich – dort liegen meist Schiffe. Einen ersten Eindruck über die Platzverhältnisse vor Ort bietet etwa Google Maps. Auch sei doch wohl der Sicherheitsabstand zu den benachbarten Gefahrgut-Liegeplätzen zu gering. Zudem passe sich die Plattform nicht dem Wasserstand an, so die Kritik in den sozialen Medien. Das es besser geht, sehen die Schiffsleute regelmäßig jenseits der deutsch-niederländischen Grenze. So schloss eine betroffener Schiffer seinen Kommentar mit der frustrierten Feststellung: „Der Steiger ist ein Witz!“
Markus Grewe ist anderer Meinung. „Es handelt sich nicht um eine Kegelliegestelle und einen benachbarten Autoabsetzplatz, sondern um eine Möglichkeit, innerhalb der Kegelliegestelle Autos abzusetzen“, schreibt der stellvertretende Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamt Köln auf erneute Nachfrage von Bonapart. „Die Plattform wurde aus der sicherheitsrelevanten Notwendigkeit heraus geplant und errichtet, eine Wendestelle für Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge am Ende des Hafenweges vorzuhalten.“
Verbesserte Nutzungsmöglichkeiten?
Diese Funktion habe alle Rahmenbedingungen vorgegeben, eine wasserstandsabhängige – also schwimmende – Konstruktion sei deshalb gar nicht in Frage gekommen. Dennoch habe man beschlossen, mit Dalben und einem Landgang für eine wasserseitige Anbindung zu sorgen. „Dadurch wird die Nutzungsmöglichkeit der Liegestelle verbessert und die Plattform zum Absetzen von PKW nutzbar gemacht“, so Grewe. Bisher habe der Bau Planungskosten in Höhe von 755.000 Euro verursacht. Eine Schlussrechnung für die Maßnahme sei noch nicht erfolgt. Die Arbeiten schreiten aber voran.
Einschränkende Bedingungen
Der Nutzen für die Schifffahrt fällt allerdings gering aus: Das Absetzen von PKW ist nur für Ein-Kegel-Schiffe bis 135 Meter Länge gestattet. Es gibt aber auch Schiffe mit zwei und drei Kegeln, die gefährlichere Güter transportieren. Der Absetzvorgang soll mit dem Bug zu Berg – also in den Hafen zeigend – erfolgen, damit die Hafeneinfahrt nicht blockiert wird. Die Nutzung der Liegestelle genießt Vorrang. Da sie bereits intensiv genutzt wird, dürfte die Verfügbarkeit des Autosteigers dem Zufall überlassen sein.
Von der Eigenschaft als Liegestelle zeigt sich das Amt überzeugt: Die Oberkante der Dalben befinde sich auf einer Höhe von 13,3 Meter Kölner Pegel. Sie können damit auch oberhalb der Hochwassermarke II genutzt werden – die Schifffahrt wird ab 8,3 Meter Kölner Pegel eingestellt. Die Tiefe im Bereich der Liegestelle betrage 2,5 Meter unterhalb des Gleichwertigen Wasserstands (GlW). Das entspreche der Fahrrinnentiefe in diesem Rheinabschnitt. PKW können bis zu einem Wasserstand von 5,8 Meter Kölner Pegel abgesetzt werden. Das entspreche der Höhe des Hafenweges. Steht der unter Wasser, lässt sich ohnehin kein Auto absetzen.
Schwacher Trost
Für die Tankschiffer, deren Transportleistungen insbesondere im Kölner Chemieindustrie-Gürtel gefragt sind, ein schwacher Trost – tritt doch der Schichtwechsel häufiger ein als das Hochwasser. Auch der Verweis Grewes auf die private Autosteigers-Website und den linksrheinischen HGK-Steiger unterhalb der Südbrücke ist keine Lösung: Die 2008 in Betrieb genommene Anlage bei Rheinkilometer 685,8 darf aufgrund der Nähe zu Brücke und Bürogebäuden weder von Koppelverbänden, noch von Gefahrgutschiffen angelaufen werden. Bleibt noch eine in die Jahre gekommene Kaimauer im Hafen Niehl, die in Puncto Sicherheit aber zu wünschen übrig lässt.
Die Plattform im Hafen Mülheim lässt gewiss keine Wünsche offen: Sie soll bei Erfüllung aller einschlägigen DIN-Normen automatisch „gebrauchstauglich“ sein. Nur nützt das wenig, wenn die Autosteiger-Option kaum verfügbar ist. „Ein reiner Autoabsetzplatz wäre anders geplant worden“, räumt Grewe ein. Dafür sei aber im Hafen Mülheim kein Platz gewesen. Andererseits habe man nur im bundeseigenen Hafen die Planungshoheit. Beispielsweise gehört die frühere Kaimauer am Mülheimer Ufer direkt gegenüber der Stadt Köln, die auf dem alten Hafengelände nun Parkanlagen und einen Radwanderweg pflegt.
Zudem seien die Schutzradien der Kegelliegestelle bereits im Rahmen des „Werkstattverfahrens Mülheimer Süden“ kommuniziert worden und haben Eingang in die städtebauliche Planung gefunden. Bonapart hatte 2013 über das Dialogverfahren berichtet. Von Seiten der Schifffahrttreibenden gab es seinerzeit keine aktive Beteiligung.
Zum Bonapart-Standpunkt: Der Autosteiger und die Verkehrswende
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