Die Reederei AG Ems aus Emden will gemeinsam mit der Schiffswerft Diedrich aus Oldersum sowie der Mariko GmbH aus Leer ein elektrisch betriebenes Boot für Hafenrundfahrten entwickeln. Wie das Projektkonsortium am 21. Juli mitteilte, erhält das Boot als Besonderheit eine Methanol-Brennstoffzelle, die für mehr Reichweite sorgt.
Mit dem Einsatz von Brennstoffzellen im kommerziellen Schiffsbetrieb hatten sich bereits mehrere Projekte befasst. Von 2017 bis 2020 war etwa die ehemalige MS „Inselstadt Ratzeburg“ als MS „Innogy“ mit Elektroantrieb, Batterie und Methanol-Brennstoffzelle auf dem Baldeneysee unterwegs. Heute fährt das Schiff als MS „Westenergie“ rein elektrisch – und hat für Notfälle einen Dieselgenerator an Bord. Die 2008 in Hamburg in Dienst gestellte, allerdings mit Wasserstoff-Brennstoffzelle ausgerüstete MS „Alsterwasser“ liegt seit 2013 gänzlich still. Beiden Projekten wurden die Wirtschaftlichkeit der Kraftstoffversorgung zum Verhängnis.
Methanol-Lieferant um die Ecke
Ob Lieferung per Lastwagen über viele Kilometer oder Abbau der unrentablen Tankstelle vor Ort: Gegen beide Fälle sieht sich das Emdener Projektkonsortium, das die Nachfolge des „MB Ratsdelft“ plant, gewappnet. Das Methanol soll die Firma Biomethanol Chemie Nederland (BioMCN) in Großgebinden von etwa 1.000 Litern liefern. Das Unternehmen produziert auf der anderen Seite der Ems im Chemiepark Delfzijl. Er liegt in Sichtweite des Emdener Hafens, berichtet Mariko-Geschäftsführerin Katja Baumann.
Baumann glaubt nicht, dass eine Fallback-Option auf einen rein elektrischen Schiffsbetrieb nötig ist: „Wir gehen von einem positiven Ergebnis aus. Projektleiter Sören Berg ist aufgrund seiner Einbindung in verschiedene Methanol-Projekte bei der Meyer Werft sehr gut über die Technologie im Bilde.“ Die Meyer Werft war von 2014 bis 2018 mit fünf weiteren Partnern an dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt „MethaShip“ beteiligt. In der Abschlusserklärung hieß es, dass weitere technische Details zu untersuchen und gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen seien, um dem Methanol-Einsatz eine wirtschaftliche Perspektive zu geben.
Konsortium sieht Chancen
Konkreter wurde das schwedische Projekt „Summeth“ (Sustainable Marine Methanol). Das Konsortium hob die positiven Umweltauswirkungen für die Küsten- und Binnenschifffahrt hervor, hielt die Umrüstung bestehender Schiffe für machbar und sah eine zunehmende Verfügbarkeit von Methanol.
Am weitesten fortgeschritten ist laut Baumann die „Stena Germanica“, die seit 2015 als weltweit erste RoPax-Fähre mit Dual-Fuel in der Dauererprobung fährt: Ihre Maschinen können sowohl Diesel als auch Methanol verbrennen. „Derzeit ist Methanol aus Kosten- und Logistikgründen keine wettbewerbsfähige Alternative zu traditionellen Treibstoffen. Wir sehen aber ein großes zukünftiges Potenzial in Verbindung mit Batterien oder Brennstoffzellen“, sagte Erik Lewenhaupt aus dem StenaLine-Management im Jahr 2020.
Herausforderung für die Beteiligten
Während etwa der Hafen Antwerpen im Juni 2021 ebenfalls den Weg der Methanol-Verbrennung einschlug, will das Emdener Projektteam den Weg der Brennstoffzelle gehen. Zwar betritt die Schiffswerft Diedrich mit Antriebssystem und Brennstoffzelle Neuland, die AG Ems hat mit den LNG-Umbauten der Borkumfähren „MS Ostfriesland“ und „MS Münsterland“ jedoch bereits Erfahrung mit alternativen Kraftstoffen gesammelt. „ Diese Erfahrungen bekräftigen uns in dem Schritt, nun auch Methanol einzusetzen“, sagte Claus Hirsch, Leiter der nautisch-technischen Inspektion der Reederei. Das Projekt wird mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt.
CO2-Neutralität erreichbar?
Zu untersuchen gilt es für das Emdener Projektkonsortium auch, ob das Methanol tatsächlich einen neutralen CO2-Fußabdruck erreichen kann. Das ist bei Biomethanol, welches aus Energiepflanzen oder biologischen Abfällen in Biogasanlagen gewonnen wird, nicht automatisch der Fall. Laut einer Kurzstudie des Deutschen Biomasse Forschungszentrums weist der Gesamtprozess je nach eingesetztem Strommix deutlich höhere CO2-Emissionen auf als beispielsweise der direkte Einsatz von Holzschnitzel oder die Erzeugung von Methanol aus Erdgas. Es braucht also zusätzlich Ökostrom. Und dafür sind die Bedingungen an der Küste gut.
„Die alternative Möglichkeit, CO2 aus industriellen Prozessen abzuscheiden, hätte zwar den Vorteil, dass durch die höheren Konzentrationen die CO2-Abscheidung technisch einfacher zu lösen wäre“, erläutert Baumann. „Jedoch fiele die CO2-Bilanz dann negativ aus. Das ist nicht erstrebenswert.“
Schiffbauliche Herausforderung
Das Emdener Methanol-Boot hält aber noch weitere Herausforderungen für die Schiffbauingenieure bereit: Der Innenraum soll eine volle Stehhöhe bieten, die Durchfahrtshöhe an den Klappbrücken nahe der Innenstadt beträgt aber gerade mal 1,5 Meter. Zugleich soll der Tiefgang möglichst gering sein, um Antriebsenergie zu sparen. Dem geringen Tiefgang kommen Brennstoffzelle und Methanoltank zugute: Sie sind leichter als ein größeres Batteriepaket. Dennoch benötigt das Boot zusätzlich ein Ballastwassersystem und ein absenkbares Dach.
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