EU vereinheitlicht Berufsqualifikationen für Binnenschiffer

EU vereinheitlicht Berufsqualifikationen für Binnenschiffer
Gleiche Kompetenzniveaus sollen die Mobilität von Arbeitnehmern fördern und Fachkräftemangel beseitigen. Bild: becaptain.eu MdEP Gesine Meißner. Bild: Büro Gesine Meißner

Das Trilog-Verfahren ist abgeschlossen. Am 27. Juni haben EU-Parlament und -Rat in Brüssel die Vereinheitlichung von Binnenschiffer-Qualifikationen festgelegt. Wie die Europaabgeordnete Gesine Meißner mitteilte, haben die Mitgliedstaaten nun vier Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen. Es wird einige Ausnahmen und Übergangsfristen geben.

Durch die neuen gemeinsamen EU-Standards für Ausbildung und Zeugnisse können Matrosen, Vollmatrosen, Steuerleute und Schiffsführer in Zukunft ohne komplizierte Nach-Qualifikationen einen Job in einem Nachbarland annehmen. Außerdem wird der Zugang für Quereinsteiger aus der Seeschifffahrt oder anderen maritimen Berufen erleichtert. Dies erfülle die Anforderungen des Binnenmarktes an die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das Durchschnittsalter des Bordpersonals liege bei 55 Jahren.

EU vereinheitlicht Berufsqualifikationen für Binnenschiffer

Flickenteppich beseitigen

„Bislang herrscht, was die Qualifikationen von Binnenschiffern angeht, ein einziger Flickenteppich auf Europas Flüssen. Ein Rhein-Matrose darf mit seinem Zeugnis nicht unbedingt auf der Donau fahren. Damit ist nun Schluss“, so die verkehrspolitische Sprecherin der FDP im Europaparlament, die als Berichterstatterin mit über die Richtlinie verhandelte. Die Flusskommissionen müssten sich anpassen, denn das bisherige Modell schränke die Arbeitnehmerfreizügigkeit ein und führe zu regional stark unterschiedlichen Kompetenzniveaus bei gleichzeitigem Mangel an Fachkräften.

„Mit dem neuen Gesetz schaffen wir einheitliche Standards für die Ausbildung von Fachkräften auf Europas Flüssen. Das erleichtert den Zugang zum Arbeitsmarkt und macht das Berufsbild attraktiver. Deutsche Reeder brauchen gut ausgebildete Berufseinsteiger und Fachkräfte, das wird in Zukunft einfacher“, unterstrich Meißner.

Einfacher werde es auch für die Wasserschutzpolizei, die dann nur noch einheitliche Papiere zu kontrollieren hat. Der Weg hin zu elektronischen Dokumenten sei geebnet. Die neue Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt legt auch fest, in welchen Situationen Zeugnisse über Streckenkenntnisse gefordert werden dürfen, wie diese zu erwerben sind und wie Lehrgänge und Prüfungen gestaltet werden dürfen. Mehr dazu gibt es im Bonapart-Artikel Simulatorprüfung statt Schifferpatent? EU will Berufsqualifikationen vereinheitlichen.

Meißner zeigte sich überzeugt, das Maßnahmenpaket erhöhe die Sicherheit auf den Flüssen. „Europas Flüsse bieten noch viel ungenutztes Potenzial für den Güterverkehr und auch Flusskreuzfahrten sind beliebt wie nie. Deswegen müssen wir den Sektor fit für die Zukunft machen. Die Nutzung von Simulatoren zu Ausbildungs- und Trainingszwecken gehört dazu, genauso wie die Digitalisierung mit elektronischen Bordbüchern und Berufsausweisen. Was für LKWs schon gang und gäbe ist, muss für die Binnenschifffahrt erst noch von der Kommission geprüft werden.“

Übergangszeiten für Fährpersonal

Größter Streitpunkt bei den Verhandlungen mit dem Rat waren Anwendungsbereich und Ausnahmen für Mitgliedsstaaten. Malta, Zypern und Dänemark wollten ausgenommen werden, weil sie gar keine schiffbaren Flüsse haben. Schweden, Spanien oder Portugal sind nicht mit dem kontinentalen Kanal- und Flussnetz verbunden. Die Einigung besagt nun, dass ein europäisches Binnenschiffer-Zertifikat auf allen Binnenwasserstraßen in Europa anerkannt werden muss – Schweden, Spanien und Portugal dürfen aber weiterhin nationale Führerscheine ausstellen.

Die deutschen Verhandler hätten außerdem erwirken können, dass das Personal auf Fähren noch weitere 20 Jahre mit den bisherigen Ausbildungsnachweisen arbeiten kann. Sonst hätten viele Fährgehilfen nahe dem Rentenalter aufwendige Qualifizierungsmaßnahmen auf sich nehmen müssen. Auch habe Deutschland auf Landessprache bestanden, während die Niederlande etwa englisch favorisiert hätten, um Seeleuten aus Drittstaaten den Zugang zu erleichtern.

Verschulung der Ausbildung

Schon am 23. März hatte Ulrike Schol aus dem Bundesverkehrsministerium eingeräumt, dass die neue Richtlinie eine Verschulung der Ausbildung bei gleichzeitigem Abbau praktischer Fahrzeiterfordernisse fördere. Dies sei der Preis der Harmonisierung. Jedoch werde die Qualität durch Einführung obligatorischer Prüfungen sichergestellt.

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