Personenschifffahrt zeigt wenig Interesse an Schlichtungsstelle

Personenschifffahrt zeigt wenig Interesse an Schlichtungsstelle

Ein mit Verspätung, Annullierung, mangelnder Barrierefreiheit, Personen- oder Gepäckschäden garnierter Zankapfel bleibt spätestens während des Richterspruchs in dem einen oder anderen Hals stecken. An einer beidseitig bekömmlicheren Verdauung mit Hilfe eines außergerichtlichen Streitschlichters zeigt sich die Personenschifffahrt auf den Binnengewässern bisher jedoch wenig interessiert.

Seit dem 28. März darf die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) nicht nur bei Streitigkeiten in Bahn-, Bus- und Flugverkehr, sondern auch in der Personenschifffahrt vermitteln. Die in dem 2009 ins Leben gerufenen söp-Trägerverein organisierten Verkehrsunternehmen erlauben ihren Kunden eine kostenlose Anrufung der Schlichter, wenn sich die Streitparteien zuvor nicht einigen konnten.

Ausdrücklich haben die Ministerien für Verkehr und Verbraucherschutz der Schlichtungsstelle ihre Anerkennung auch für die Binnenschifffahrt ausgesprochen. Die Offiziellen sehen darin einen wichtigen Schritt zur Schaffung einer unabhängigen verkehrsträgerübergreifenden Schlichtungsstelle. Verkehrsträgerübergreifende Mechanismen zur Streitbeilegung sind damit aber noch nicht realisiert.

Die Küstenlinie als Grenze

Während die von den Fahrgastrechten betroffenen Mitgliedsunternehmen des Verbands Deutscher Reeder (VDR) an der Schlichtung teilnehmen, führt die söp-Mitgliederliste bislang kein einziges Binnenschifffahrtsunternehmen. Die binnenländischen Personenschiffer und ihre Verbände sehen aktuell kaum Handlungsbedarf, denn die zugrundeliegende, seit dem 18. Dezember 2012 gültige EU-Fahrgastrechtverordnung (PDF) definiert Ausnahmen, die fast die gesamte Branche abdecken. Laut Eisenbahnbundesamt, das über die Einhaltung der Verordnung wacht, im Sinne der Wirtschaftlichkeit.

Betroffen sind deshalb weder Schiffe noch Fähren, deren Besatzung aus höchstens drei Personen besteht, deren einfache Fahrstrecke weniger als 500 Meter beträgt oder die sich auf Ausflugs- oder Besichtigungsfahrten befinden. Lediglich Flusskreuzfahrtanbieter sind an die Beachtung der EU-Fahrgastrechte gebunden, wobei der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt und beispielsweise auch das Tourismusportal cruisetricks.de wiederum von Ausnahmen berichten.

Verbände am Thema dran

„Für die Tagesausflugsschifffahrt ist das Thema somit vom Tisch“, erklärte Anton Nauheimer aus dem BDB-Fachausschuss Fahrgastschifffahrt. Innerhalb des Deutschen Fährverbands gebe es ebenfalls kein wirkliches Interesse am Thema Schlichtungsstelle, berichtete deren Vorsitzender Michael Maul.

Helge Grammerstorf, Vorsitzender der IG RiverCruise teilte mit, man prüfe zwar derzeit die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der söp. Angesichts der großen Zahl von Flussreisenden aus anderen europäischen Staaten oder aus Übersee sei eine Schlichtungsstelle auf internationaler oder mindestens europäischer Ebene besser angesiedelt.

BDB-Geschäftsführer Jörg Rusche teilte bereits zuvor mit, dass einzelne Kabinenschifffahrtsunternehmen prüften, ob eine Teilnahme an dem Angebot der söp für sie sinnvoll sei. Auch die Fahrgastschifffahrts-Kommission der European Barge Union (EBU) berate das Thema bereits, da in den durchfahrenen Ländern unterschiedliche Schlichtungsmechanismen gelten.

Zwischen Eigenverantwortung und Schlichtungskosten

Norbert Schmitz dagegen zeigt sich an der Schlichtung grundsätzlich interessiert, auch wenn das KD-Vorstandsmitglied unerreichten Zügen oder verlorenen Gepäckstücken im Tagesausflugsverkehr nur wenig Bedeutung beimisst. „In über 30 Jahren sind mir keine streitigen Probleme des KD-Schiffsverkehrs bekannt, die wir nicht einvernehmlich mit Reiseveranstaltern oder dem Endkunden gelöst haben“, berichtet Schmitz. „Sollte es aber dennoch mal zu einem unlösbaren Problemfall kommen, ist eine außergerichtliche Schlichtungsstelle sicherlich ein schneller Instanzenweg, den wir begrüßen.“

Selbst wenn die Schlichtungsstelle nie in Anspruch genommen würde, könnten Kreuzfahrt-, Ausflugs- und Fährschiffer allein durch die Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren Kundenfreundlichkeit und Vertrauenswürdigkeit demonstrieren. söp-Geschäftsführer Heinz Klewe ist abwartendes Verhalten bereits von Luft- oder Landverkehrsunternehmen gewohnt. Dennoch ist der Trägerverein mittlerweile auf rund 200 Mitglieder angewachsen, darunter seit März auch der Billigflieger Ryanair.

„Zu Beginn besteht stets Angst vor hohen, vermeintlich nicht zu kalkulierenden Kosten. Erst die Praxis lässt die Vorteile der Schlichtung in den Vordergrund treten: Schlichtung spart Zeit, Geld und Ärger“, beschreibt Klewe, der zwar von sinkenden aufwandsabhängigen Fallpauschalen berichtet, aber keine konkreten Zahlen nennen will.

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