Mit einer Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter soll die Elbe bis zur tschechischen Grenze künftig an 345 Tagen im Jahr befahrbar sein. Das versprach BMVBS-Staatssekretär Enak Ferlemann am 27. September auf der Binnenschifffahrtskonferenz der Kammerunion Elbe/Oder (KEO) in Prag. Die Kammerunion forderte zudem den zügigen Bau der geplanten Staustufe bei Decin, wie die Handelskammer Hamburg berichtet.
„Die Elbe bietet große Chancen als Hinterlandanbindung des Hamburger Hafens bis nach Tschechien. Diese Chancen wollen wir nutzen“, so Ferlemann auf der Tagung im tschechischen Oberhaus des Parlaments. Laut Kanal8 stellte der Staatssekretär in Aussicht, die Bundesregierung werde die Elbe-Klassifizierung als Nebenwasserstraße überdenken. Der Klassifizierung komme keine besondere Bedeutung zu, da ohnehin keine nennenswerten Neuinvestititionen geplant seien, heißt es weiter.
KEO rechnet mit steigendem Ladungsaufkommen
Auf dieses klare Bekenntnis seitens der Bundesregierung hätten tschechische Unternehmer und Politiker sehnsüchtig gewartet, erklärte Jiri Aster, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Usti nad Labem. „Damit sind die aus unserer Sicht nur schwer nachvollziehbaren Diskussionen zur WSV-Reform und die Überlegungen, die Elbe ins Nebennetz einzustufen, beendet“, so Aster, der als frisch gewählter KEO-Präsident 32 tschechische, polnische und deutsche Industrie- und Handelskammern vertritt.
Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, KEO-Generalsekretär und Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg ergänzte: „Wenn die Elbe an 345 Tagen auf 1,60 Metern schiffbar ist, werden Verkehre im Voraus planbar und damit wirtschaftlich.“ Ziel müsse es sein, dass im Jahr 2025 mindestens 400.000 TEU und damit 5,8 Millionen Tonnen per Binnenschiff aus Hamburg abgefahren werden.
Die Ladungsmengen von und nach Tschechien würden dabei eine wesentliche Rolle spielen. Derzeit verkehren laut KEO rund 70 Güterzüge pro Woche zwischen Tschechien und dem Hamburger Hafen. Die KEO rechnet mit einem steigenden Transportvolumen, das nur mit allen Verkehrsträgern zu bewältigen ist.
Ökologie und Ökonomie in Einklang bringen
Das Angebot ihrer Mitarbeit am „Gesamtkonzept Elbe“, das ökologische und ökonomische Interessen berücksichtigen soll, verbindet die Kammerunion jedoch mit der Forderung nach dem Bau der geplanten Staustufe bei Decin. Da jetzt Planungssicherheit auf deutscher Seite herrsche, solle die tschechische Regierung nun zügig mit dem Bau beginnen.
Auch müsse der Buhnenausbau auf der sogenannten Reststrecke bei Hitzacker forciert werden. Kontinuierliche Baggerarbeiten an diesem Engpass hielt Schmidt-Trenz im Vergleich zu neuen Buhnen ökologisch wie wirtschaftlich für die schlechtere Alternative. „Wir sind der festen Überzeugung, dass ökologische und ökonomische Anforderungen an die Elbe sehr gut in Einklang gebracht werden können. Dies wird aber nur gelingen, wenn die Wirtschaft ihre Interessen in das Gesamtkonzept selbst einbringen kann“, so der KEO-Generalsekretär.
Flussschützer glauben nicht an Verkehrswirkung
Umweltschützer dagegen sprechen sich vehement gegen das Vorhaben aus. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) führte an, dass selbst im bisher extrem regenreichen Jahr 2011 die Elbe an 75 Tagen nicht die vom Bundesverkehrsministerium angestrebte Tiefe von 1,60 Metern gehabt hätte. „Ohne einen durchgehenden kanalartigen Ausbau wäre eine solche Mindesttiefe an 345 Tagen im Jahr auch nicht zu gewährleisten“, so Weiger. Erst kürzlich habe das BMVBS bestätigt, dass eine bestimmte Mindesttiefe an einem frei fließenden Fluss nicht zu garantieren sei.
Auch fragt der BUND, ob Infrastrukturmittel diesseits und jenseits der deutsch-tschechichen Grenze an der Elbe überhaupt sinnvoll eingesetzt wären. Von einem substantiellen Anstieg der Güterschifffahrt werde Weiger zufolge auch in den Planungsunterlagen für die Staustufe in Tschechien nicht ausgegangen.
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