Digitale Binnenschifffahrt: CoRISMa-Projekt abgeschlossen

  • Von Christian Grohmann
  • 17.12.2015
  • Telematik
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Digitale Binnenschifffahrt: CoRISMa-Projekt abgeschlossen

Vorhandene Daten sinnvoll nutzen – neue Informationsdienste für die Binnenschifffahrt schaffen. Mit dieser Aufgabenstellung hat sich das CoRISMa-Projektteam über die letzten zwei Jahre befasst. Am 11. Dezember präsentierten die Teilnehmer aus fünf europäischen Ländern in Antwerpen ihre Ergebnisse aus sechs Einzelprojekten und übergreifende Erkenntnisse. Eine Übersicht in Fragen und Antworten.

Warum das Ganze? Alle Akteure des Systems Wasserstraße sollen Informationen erhalten, die ihnen die Arbeit erleichtern. Die Erstellung und Erfassung von Daten gilt es zu vereinfachen. Auch soll vorhandene Infrastruktur effizient genutzt; die Wirtschaftlichkeit der Schifffahrt verbessert werden. Gleichzeitig soll der umweltschonende Verkehrsträger etwa durch genauere Reiseplanung attraktiver für die verladende Wirtschaft werden. Was heute zum Teil bereits über Plattformen wie Vesseltracker oder Marinetraffic läuft, soll mit offiziellen Kanälen datenschutzkonform möglich werden.

Was ist der Hintergrund? Elektronische River Information Services (RIS) gibt es seit knapp 20 Jahren. Viele Systeme sind Einzellösungen, ließen sich aber nutzbringend vernetzen. Auch stehen seit der verpflichtenden Nutzung des Automatischen Identifikationssystems (AIS) für Schiffe etwa auf Rhein und Mosel große Datenmengen zur Verfügung. Ursprünglich für die Verkehrssicherheit gedacht, lassen sich diese Daten auch für andere Zwecke nutzen. Etwa für Verkehrsinformations-, -management oder -leitsysteme. Das Projekt RIS-gestütztes Corridor Management (CoRISMa) wurde ins Leben gerufen, um diese Nutzung zu erforschen und in Pilotvorhaben funktional und technisch zu erproben.

Wer steckt dahinter? Beteiligt waren die Verkehrsministerien und Wasserstraßenverwaltungen von Belgien, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und Österreich. Frankreich unterstützte das Projekt, einige Unternehmen wirkten ebenfalls mit. Die Europäische Union steuerte Mittel aus dem Topf für Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V) bei.

Wer war unmittelbar an dem Projekt beteiligt? Rund zwei Drittel der zur Abschlussveranstaltung in Antwerpen Anwesenden hatte an dem Projekt mitgewirkt. Für die Koordination zuständig waren:

  • Anneke Bosma, Rijkswaterstaat, Niederlande (Gesamtprojekt)
  • Giovanni Huisken, Rijkswaterstaat, Niederlande (Pilotvorhaben 3+4)
  • Lea Kuiters, Rijkswaterstaat, Niederlande (Pilotvorhaben 3+4)
  • Mario Kaufmann, via donau, Österreich (Pilotvorhaben 5)
  • Max Nilles, Infrastruktur-Ministerium, Luxemburg (Pilotvorhaben 2)
  • Thomas Zwicklhuber, via donau, Österreich (Pilotvorhaben 1)
  • Wieland Haupt, WSV, Deutschland (Pilotvorhaben 2+6)

Wie hoch waren die Kosten? Das Budget betrug 2,8 Millionen Euro. Die EU übernahm die Hälfte.

An welche Schwierigkeiten stieß das Projekt? „Leider haben wir noch nicht in allen Ländern eine Gesetzeslage, die den Austausch von AIS-Daten erlaubt“, sagte etwa Wieland Haupt über unterschiedliche Auffassungen zum Datenschutz und dessen Umsetzung in den einzelnen Staaten. „Die technischen Probleme sind einfacher zu handhaben.“ Zu den Hürden zählt aber auch das unterschiedliche Aufgabenspektrum der nationalen Behörden. Beispiel Mosel: Während Luxemburg ein Liegeplatzbelegungs-Management-Programm fahren will, beschränkt sich Deutschland nach aktueller Auffassung auf einen Informationsdienst.

Wie soll der Datenschutz sichergestellt werden? Jeder soll nur die Daten erhalten, die er unbedingt braucht. Zum Beispiel reichen als öffentliche zugängliche Informationen für einen Liegeplatzinformationsdienst die Längenangaben eines Schiffes vollkommen aus. In komplexeren Diensten sollen die Nutzer mit einer individuellen Rechtevergabe entscheiden können, welcher Teilnehmer zusätzliche Informationen erhält. Klingt wie die Gruppenzuteilung von Kontakten in Facebook. Oder in Google+ Kreisen.

Werden die Daten auch anderen zur Verfügung stehen? Ein OpenData-Ansatz wäre denkbar, damit auch die Privatwirtschaft Lösungen entwickeln kann. Allerdings wäre das Modell genau zu prüfen, da personenbeziehbare Daten und Informationen zur Ladung, etwa über Gefahrgut, nicht geteilt werden dürfen.

Welche Anforderungen stellt die Logistik an moderne RIS? Die neuen RIS müssen verlässlich und grenzüberschreitend funktionieren. Genau wie die Schifffahrt selbst darf auch der Informationsfluss weder ausfallen, noch an Grenzen halt machen. Es gilt, internationale oder zumindest innereuropäische Standards zu schaffen. „Die Informationen müssen wie auch im Straßenverkehr frei verfügbar sein“, unterstrich Pim van Baaren von der niederländische Verladerorganisation EVO. „Sie haben für die Logistik nur dann einen Wert, wenn sie vollständig und zuverlässig sind.“

Welche Projekte gibt es?

  1. Grenzüberschreitende Schleusenplanung auf der Donau
  2. Liegeplatzbelegung auf der Mosel
  3. Verkehrsplanung Rotterdam – Antwperpen (Albertkanal)
  4. Verkehrsplanung Rotterdam – Duisburg
  5. Schiffspositionen für logistische Zwecke
  6. Verkehrsnetz-Datenmodell in der Praxis

Wie geht es weiter? Zum Ende 2015 läuft CoRISMa aus. Die Piloten werden wieder eingestellt. Dann wird geschaut, wie die Bedingungen für Informationsdineste in den einzelnen Teilnehmerstaaten auf die gleiche Ebene gebracht werden kann. Auch die Fragen nach Finanzierung und Verantwortung sind Sache der nationalen Legislativ-Organe. Für Deutschland etwa rechnet Wieland Haupt mit einem Beschluss für Anfang 2016. Andere Teilnehmer setzen hinsichtlich neuer Impulse große Stücke auf die kommende EU-Ratspräsidentschaft der Niederlande. „In jedem Fall haben wir mit CoRISMa bewiesen, dass internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet möglich ist“, so Thomas Zwicklhuber.

Auf die Frage von Marc Vanderhaegen von der EU-Kommission, ob die DG Move die europäische Gesetzgebung nicht nach den Ansätzen von CoRISMa gestalten solle, antwortete Ivo ten Broeke von Rijkswaterstaat: „Wir sollten die neuen RIS-Dienste erst für die Hauptkorridore etablieren und auf der Basis der Erfahrungen dort anschließend Gesetze schaffen.“ Dabei favorisiere ten Broeke eine zentrale Plattform gegenüber mehreren Insellösungen.

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